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Heute am 33.14.2035

Heute am 33.14.2035 ist der Tag des allwissenden Internet

In diesem Sinn ein frohes Weihnachtfest und einen Guten Rutsch und ganz sicher könnt Ihr Tina Turner, Slash, Johnny Cash, Rod Stewart und Bob Dylan im folgenden Video erkennen. Also viel Spaß!

Genau so ist es, also bitte alles mit Vorsicht, das kannten auch schon die Trabbeling Quirlburrys

Avi Kaplan

Floating On A Dream

»Floating On A Dream« ist das Solodebüt von Avi Kaplan in voller Länge. Produziert von dem GRAMMY-Preisträger Shooter Jennings (Brandi Carlile, Tanya Tucker, American Aquarium) und abgemischt von Trina Shoemaker (Brandi Carlile, Queens Of The Stone Age, Sheryl Crow) unterstreicht das Album mit Avis unverwechselbarem Baritongesang die solide musikalische Basis. Es spiegelt in langen Schatten und stimmungsvollem Hochrelief Kaplans kalifornische Wurzeln und seine Faszination für den amerikanischen Westen wider und erweitert sein künstlerisches Schaffen auf ein spannendes neues Gebiet.

Mit Country, Blues, Soul, Stammestrommeln und einem Hauch von Gospel untermauert er seinen elementaren, akustisch getriebenen Rock und erkundet in den 11 Originalstücken des Albums Herzensangelegenheiten, Wahrheit, Moral und die Suche nach Relevanz. Im Mittelpunkt steht jedoch seine Stimme. Von einem eindringlichen Falsett bis hin zu den tiefsten Basstönen ist Kaplans Instrument mit nichts anderem in der modernen Musik vergleichbar.

Während einige dieser Songs kurz nach Kaplans Ausstieg bei Pentatonix im Jahr 2017 entstanden sind, wurden die meisten speziell für dieses Projekt geschrieben. Was sie zusammenhält, ist der Reichtum und die Flüssigkeit seines Stimmumfangs, der selbst langjährige Fans überraschen dürfte.

Auf dem Track »All Is Well«, den Avi gemeinsam mit Joy Willams geschrieben hat, ist Joy als Gastsängerin zu hören.

Michael Kiwanuka

Small Changes

Einer der Besten

Für sein neues Album »Small Changes« hat sich Soulsänger Michael Kiwanuka fünf Jahre Zeit gelassen.

Verständlich, war doch der Vorgänger »Kiwanuka« ein großer Erfolg, der unter anderem den renommierten Mercury Prize gewinnen konnte. Die elf neuen Songs stehen dem in nichts nach und belegen einmal mehr, dass Michael Kiwanuka momentan einer der besten Songwriter im Soul-Pop-Bereich ist. Den Titel seines neuen Albums hat der soulverliebte Singer-Songwriter Michael Kiwanuka mit Bedacht ausgewählt. Die nunmehr vierte Studioeinspielung des Londoners heißt „Small Changes“, und die darin genannten subtilen Veränderungen beschreiben perfekt, was bei ihm gerade los ist. Kiwanuka ist auf Reduktion aus. Wie am Lagerfeuer angeschlagene Akustikgitarrenakkorde lassen den Eröffnungssong „Floating Parade“ zunächst beinahe beiläufig wirken.

Sobald jedoch das sanft geschlagene Drumset sorgsam die Führungsrolle übernimmt, ändert sich das Klangbild. Direkt anspringen will es einen aber immer noch nicht. Im Zusammenspiel mit echo-intensivem Chor, sorgsam arrangierten Streicherkaskaden und umherschleichendem Bass entsteht allerdings ein Wohlfühlsound.

Frei von Ecken und Kanten kommt der freilich nicht rüber. Dafür ist der Multiinstrumentalist Kiwanuka viel zu offensichtlich in Psychedlic Pop und Rock-Jazz zu Hause. Dennoch zielt er unmittelbar entwaffnend und frei von jeglichen Soul-Scharmützeln direkt ins Zuhörerherz. In demütigem Tonfall singt er vom Loslassen des Egos. „Wir sind nicht stärker als das Leben selbst“, lautet eine jener tugendhaften Erkenntnisse, die der 37-Jährige bündig formuliert in seine Texte einfließen lässt. In einer der darauffolgenden Zeilen erzählt er davon, wie beglückend es sein kann, Schwächen und Grenzen einzugestehen und anzuerkennen.

Die Leichtigkeit in seiner Stimme lässt erahnen, dass er keine Kalenderblattsprüche zitiert, sondern eigene Erfahrungen schildert. Umso weniger predigend klingen seine neuen Songs. Kiwanuka will niemanden bekehren. Wege zum Glück zeigt er gleichwohl dennoch auf, vor allem musikalische.

Scheinbar vollkommen mühelos und mit feinen Improvisationsmomenten versehen, befreit er seine Musik quasi en passant von Genrestandesdünkel. Seine Songs bauen trotzdem direkte Seelenverbindungen zu seinen Zuhörern auf.

Elf Stücke siedelt er diesmal im Spannungsfeld zwischen Bill-Withers-Untertreibung und Marvin Gayes Dauerverquickung von Spirituellem und Paranoia an. Was „Small Changes“ zudem aufsehenerregend zeichnet, ist das geschmackvolle, aufs Allernötigste beschränkte Ausgestalten groß geschaffener Arrangementräume. Kiwanuka ist offensichtlich ein detail- und nuancenliebender Musikarchitekt.

Anders lässt sich das Titelstück der Platte nicht deuten. Wie ein minimalistisches Manifest aufgebaut, geht es darin um Perspektivwechsel, die den Weg von der Gier zum Teilen aufzeigen. In der Ballade „One and Only“ setzt er seine Geschichtenerzählerstimme perkussiv ein. Sein erdiges Register umhüllt in solchen Momenten wie eine wärmend-heilende Decke.

Im Song „Rebel Soul“ gelingt ihm andererseits das Kunststück, die Musik geradezu schwerelos durch Raum und Zeit schwingen zu lassen. Für derlei Glanzleistungen musste er sich erst mal von allerlei selbstauferlegten Beweispflichten befreien. Insbesondere während der Arbeit am viel gelobten und inzwischen vergoldeten Vorgängeralbum „Kiwanuka“ spürte er noch den Druck, sich als Künstler beweisen zu müssen. Die Folgen dieser Last zeigten sich auf der Platte in Form von Myriaden an Soundschichtungen. Hier noch ein paar zusätzliche Gitarreneffektspuren, da mehr ausschmückende Percussion: Im Endeffekt gab’s auf „Kiwanuka“ von allem zu viel.

Es seien keine kommerziellen Aspekte gewesen, die ihn während der Produktion seiner letzten Studioeinspielung vor fünf Jahren vergleichsweise großspurig ans Werk schreiten ließen, verlautbart er. Vielmehr hatte er das Gefühl, Kollegen, Zuhörern und sich selbst gegenüber erkennen lassen zu müssen, wie viel Können in ihm steckt.

Während der ersten Sessions zum neuen Album stellte er seinen beiden Co-Produzenten Danger Mouse und Inflo schließlich eine entscheidende Frage: Wie würde seine Musik wirken, wenn er nicht mehr versucht wäre, auf Teufel komm raus cool zu klingen?

Fokus auf Stimme und Texte

Das Kollektiv beschloss daraufhin, den Fokus diesmal stärker auf seine Stimme, die Texte und Melodien zu legen. Fürs Beschränken auf die Essenzen sorgte obendrein eine zuvor fehlende Erfahrung. Im halben Jahrzehnt zwischen „Kiwanuka“ und „Small Changes“ wurde der Musiker Vater zweier Kinder, eines Sohnes und einer Tochter.

Der Nachwuchs habe bei ihm neues, tiefergehendes Selbstbewusstsein ausgelöst, meint er. Das Daddy-Dasein kappte seine Zeit, er musste schneller Entscheidungen treffen und herausfinden, wer er ist. Auf die nervtötenden Fragen der Kinder vorbereitet zu sein, fiel ihm zunächst nicht leicht, wie er sich erinnert.

Wenn Antworten von jungen Ohren eingefordert werden, reicht Nichtwissen kaum aus, was praktisch alle Eltern bezeugen können. Auf sein Songschreiben übertragen, stellte er sich selbst beständig die Frage: Will ich wirklich sagen, was ich aufgeschrieben habe, und kann ich dazu stehen?

Zum luftigen, unbeschwert-zurückgenommenen „Small Changes“-Sound trugen zudem ein paar Studiomusikerasse bei, deren Sturm- und Drangzeiten lange vorbei sind. Kiwanukas Landsmann Pino Palladino, der bereits für The Who, Beyoncé, David Gilmour und unzählige weitere Rock- und Popstars die Basssaiten schwingen ließ, sorgte diesmal für Tieftongrundierungen.

Nachdem das Produktionsteam für ein paar Aufnahmesessions nach Los Angeles gereist war, schaute außerdem der in Kalifornien lebende Jimmy Jam vorbei. Das Keyboarder- und Produzentenschwergewicht, unter dessen Co-Regieführung unter anderen die Hightech-Funk-Blockbuster von Janet Jackson entstanden, war zunächst nur als Freund von Inflo anwesend.

Weniger ist mehr

Als die Frage aufkam, wer ein paar benötigte Hammond-Orgel-Spuren einspielen könnte, hob Jam spontan die Hand. Im Endeffekt spielte er rund dreiviertel aller hörbaren Hammond-Sounds für „Small Changes“ ein. Gemeinsam folgte das gesamte Team bis zur finalen Abmischung des Albums dem Weniger-ist-mehr-Leitfaden, der anfänglich im Raum stand. Zu guter Letzt drehte sich sogar Kiwanukas Coolness-Doktrin früherer Tage einmal um die eigene Achse.

Von der selbstauferlegten Beweispflicht befreit, klingt seine Musik heute cooler, weil wahrhaftiger denn je. Spielerisch und gewissenhafter kostet er minimalaufwendig geschaffene Soundatmosphären aus. Seine Textaussagen gewinnen dadurch enorm an Wirkkraft. Dass er fürs deutlich opulenter arrangierte Vorgängerwerk eine Grammy-Nominierung erhielt, scheint ihm schnuppe zu sein.

Was zählt, ist die Momentaufnahme des frisch dazugewonnenen Lebenserfahrungswerts. Dass von ihm noch Großes zu erwarten ist, unterstreicht „Small Changes“ locker und eindringlich.

 

Tony Levin

Bringing It Down To The Bass

Innovativ und gefühlvoll

Für Basslegende Tony Levin ist sein neues Album »Bringing It Down To The Bass« das erste Solowerk nach sieben Jahren.

Kein Wunder, denn der Mann ist als gefragter Musiker mehr als ausgelastet. Ob als Bassist von King Crimson und Peter Gabriel, oder in unzähligen Sessions. Levins innovatives und gefühlvolles Spiel ist auf unzähligen Aufnahmen zu hören. Und viele musikalische Weggefährten wie Robert Fripp, Manu Katché oder Mike Portnoy revanchieren sich mit Gastauftritten auf »Bringing It Down To The Bass«.

Im letzten halben Jahrhundert war Tony Levin ein produktiver Session-Musiker und einer der aktivsten Live-Performer der Welt. Er hat sein Talent auf über fünfhundert Alben eingebracht, darunter 15 mit Peter Gabriel und 18 mit King Crimson (Live-, Studio- und Kompilationsaufnahmen mitgezählt) sowie Beiträge zu den Werken von John Lennon, Alice Cooper, Lou Reed, Herbie Mann, Paul Simon und vielen anderen. Mit King Crimson, Peter Gabriel und mehreren seiner eigenen Bands, darunter Stick Men, hat er die ganze Welt bereist. In diesem Herbst wird er als Mitglied von BEAT 65 Auftritte in Nordamerika absolvieren und das Repertoire von King Crimson aus den 80er Jahren an der Seite von Adrian Belew, Steve Vai und Danny Carey mit der Interpretation von »Discipline, Beat and Three of a Perfect Pair« feiern.

Levins siebtes Soloalbum, sein erstes seit 2007, ist eine Art Autobiografie, deren Themen aus Levins musikalischem Leben stammen. Die Themen stammen aus Levins musikalischem Leben. Auf dem Album finden sich zahlreiche Mitstreiter aus seinem halben Jahrhundert auf Tour und im Studio mit Peter Gabriel, King Crimson und vielen, vielen anderen.

The Teskey Brothers

Run Home Slow

Ist meiner Aufmerksamkeit leider entgangen aber hört einfach selbst

Mit ihrem Debütalbum haben sie 2017 zunächst ihre Heimat Australien, dann den Rest der Welt erobert: The Teskey Brothers.

2019 kehren die Herren mit Album Nummer zwei zurück: »Run Home Slow« heißt der beeindruckende Nachfolger.

Mit der Single »Hold Me« präsentierten The Teskey Brothers bereits einen Vorgeschmack, der anfangs mit bloßem Klatschen, Stampfen und Gesang wie ein Intro klingt, für das, was da kommen mag.

Mit »Man Of The Universe« und »So Caught Up« folgten im Juni und Juli zwei weitere Singles.

Wer sie gehört hat und auch den Vorgänger kennt, weiß, was die Hörer auf dem neuen Album erwartet: Blues, Rock und Soul mit dem gewissen Retro-Vibe und der unglaublichen Gänsehautstimme von Sänger Josh Teskey.

Run Home Slow wird der Band noch mehr verdiente Aufmerksamkeit bescheren und die Erwartungen vieler Fans ganz sicher noch übertreffen. The Teskey Brothers sind auf dem Weg nach oben.

Jon Anderson

True

Auf seinem großartigen neuen Album »True« erinnert Jon Anderson an seine Glanzzeiten als Frontmann von Yes.

Zusammen mit The Band Geeks war der Musiker letztes Jahr auf großer Tour, um jeden Abend Klassiker der Prog-Rock-Ikonen zu spielen. Die Chemie zwischen Anderson und der Band stimmte so sehr, dass mit »True« nun ein ganzes Album mit neuen Songs im klassischen Yes-Sound erscheint.

Während seiner 39-jährigen Karriere als Leadsänger von Yes galt Jon Anderson als einer der führenden Vertreter der progressiven Rockbewegung. Während seiner Zeit bei Yes nahm er 19 Studioalben und mehrere Live-Alben auf, von denen viele mit Gold und Platin ausgezeichnet wurden. Alben wie das „Yes“-Album, „Fragile“, „Close to the Edge“, „Tales of Topographic Oceans“ und „90125“ sind auch heute noch Klassiker. Songs wie „Roundabout“, „Yours is No Disgrace“, „And You and I“, „Going for the One“, „Awaken“ und „Owner of a Lonely Heart“ gehörten in den 70er und 80er Jahren zum festen Bestandteil der aktiven Rockradios.

Während seiner Zeit bei Yes veröffentlichte Jon mehrere Soloplatten und Kollaborationen, wobei seine vier Alben mit dem griechischen Komponisten Vangelis besonders hervorzuheben sind.

2008 verließ Jon Yes und veröffentlichte weiterhin mehrere Soloplatten und Kollaborationen.
Im Jahr 2023, nachdem er sich mit einer Gruppe von New Yorker Musikern namens The Band Geeks zusammengetan hatte, ging Jon auf eine „Summer of 2023“-Tour, bei der er 2 Stunden lang Yes-Epen und -Klassiker spielte. Mit The Band Geeks fand Jon eine Gruppe von Musikern, die mit ihm zusammenarbeiten konnten, um ein Werk zu schaffen, das mit dem klassischen Yes-Sound der 70er und 80er Jahre mithalten konnte. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist „True“, Jons Debütalbum für Frontiers Records. Das 9-Song-Album erinnert an den Sound der klassischen Yes und enthält Kompositionen aller Längen, wobei das Herzstück der 16-minütige Song „Once Upon a Dream“ ist.

 

Deep Purple

Deep Purple: =1

Die Institution in Bestform

Auf ihrem neuen Album »=1« klingen Deep Purple so frisch und energiegeladen wie eh und je.

Vielleicht liegt es am neuen Gitarristen Simon McBride, der die Purple-DNA offensichtlich voll verinnerlicht hat. Oder an der erneut brillanten Produktion von Bob Ezrin. Die 13 neuen Tracks überzeugen jedenfalls ausnahmslos. In dieser Form bleibt uns die Hardrock-Institution hoffentlich noch lange erhalten.

Ihren wievielten Frühling Deep Purple gerade erleben, weiß vermutlich niemand so genau. Aber mit ihrem neuen Album »=1« – gesprochen: »equals one« – knüpfen die Engländer nahtlos an ihre grandiosen letzten Platten an. Und »Now What?!«, »Infinite« und »Whoosh!« konnten immerhin alle Platz 1 in Deutschland erreichen.

Natürlich war der Ausstieg von Gitarren-Ikone Steve Morse nach fast 30 Jahren Bandzugehörigkeit ein Schock. Aber sein Nachfolger Simon McBride macht auf den 13 neuen Songs eine ausgezeichnete Figur und meistert die für Deep Purple typischen Duelle und Duette mit Keyboarder Don Airey mit Bravour. Der Allroundmusiker erweist sich als absoluter Glücksgriff und wirkt bereits auf seinem ersten Studioalbum mit seinen neuen Kollegen voll integriert.

Die machen es ihm aber auch leicht. Was Ian Gillan möglicherweise altersbedingt an Stimmumfang eingebüßt hat, macht er durch Ausdrucksstärke und Charisma locker wieder wett. Und ein satteres Fundament als das von Roger Glover und Ian Paice wird man im Hardrock wohl kaum finden. Außerdem ist auch die Produktion von »=1« wieder herausragend gut. Die erneute Zusammenarbeit mit Band-Intimus Bob Ezrin (u.a. Kiss, Alice Cooper, Pink Floyd) hat sich mehr als bezahlt gemacht.

Der etwas kryptische Albumtitel »=1« beschreibt übrigens die Idee, dass sich in einer immer komplexer werdenden Welt letztlich alles auf eine einheitliche Essenz reduziert. Alles wird eins. Ein schönes Bild, auch für die neue musikalische Einheit, die die Deep Purple hier demonstrieren.

Rezensionen

».​.​.​wann waren Deep Purple das letzte Mal derart bei sich, dass ihnen durchweg ein Album gelang, auf dem sich jeder Song mit seinem speziellen Flair sofort als etwas Besonderes unter die Schädeldecke arbeitete? Und das bei einer erstaunlichen Eingängigkeit.​« (GoodTimes, August/September 2024)

».​.​.​ein erstaunlich kraftvolles Album [.​.​.​], das zwar bandtypische Charakterzüge trägt (warum denn auch nicht?), aber gleichsam zeitgemäß und inspiriert klingt.​ Die Ideen sind den Herren offen kundig nicht ausgegangen.​« (STEREO, August 2024)

Reinhard Mey – Nach Haus

Alterswerk? Der Begriff steht so unbeholfen wie der eine Stuhl zu viel im Raum, der nicht mehr an die Tafel passt. Es ist nichts falsch an ihm, aber alles Rücken hilft nicht, er passt einfach nicht. Natürlich, wenn Reinhard Mey uns einige Monate nach seinem 81. Geburtstag mit Nach Haus sein inzwischen 29. Album zum Zuhören anbietet (sein insgesamt bereits 60. – inklusive aller bei ihm so wichtigen Live-Alben), dann scheint es nicht abwegig, ihn mit an die Tafel der Beschreibungen für das neue Werk stellen zu wollen.

Er passt bestenfalls in dem Sinne, dass man, um einige Themen so zu reflektieren um ihrer in einer Weise habhaft zu werden, dass ein Lied daraus entstehen kann, was nicht intellektuell erzwungen klingt, sondern eben wirklich gelebt, dass man dafür offenbar schon sehr lange Jahre Erfahrungen gesammelt haben muss. Aber sonst?

Modetrends haben ihn sowieso nie interessiert und sein seit schon mehr als ein halbes Jahrhundert anhaltender außergewöhnlicher Erfolg und die immerfort wachsende Anerkennung so vieler Menschen ihm gegenüber, begründen sich gewiss nicht darin, dass er jemals musikalisch dem Zeitgeist der jeweiligen Popmusik nachgeeifert hätte. Ein Schubfach, in das seine Musik hineinpasst, gibt es nicht und wenn doch, dann steht sein Name drauf und andere, die nach ihm kamen, müssen Acht darauf geben, darin nicht versenkt und nicht wiedergefunden zu werden.

Natürlich kann man ihn kopieren, aber dann klingt man eben auch nur wie eine Kopie. Vermutlich ist es diese musikalische Einzigartigkeit gepaart mit menschlicher Aufrichtigkeit, die ihn für so viele Menschen über mittlerweile mindestens vier Generationen zum Weggefährten ihres Lebens hat werden lassen und eben nicht zum Musiker von dem man eine Zeit lang Fan ist.

Der warme, ehrliche Klang wahrhaftiger Instrumente und die erzählerischen Liedstrukturen mit doppelter Länge, um in der Rotationsradiobeschallung Verwendung zu finden, sind jedenfalls kein Indiz für ein Alterswerk-Album.

Nach Haus ist im Grunde das 29. Kapitel eines langen Buches, an dem Mey seit seiner ersten Platte schreibt. Ein ganz außergewöhnlich starkes Kapitel.

Da sind die kleinen und größeren Erlebnisse und Begebenheiten am Wegesrand, die niemand so lyrisch, so musikalisch oder so unterhaltsam zu Liedern werden lassen kann und da ist auch wieder das kleine, große Liebeslied, dass jeweils unter strikter Vermeidung von Kitsch und Phrasen von Album zu Album zu einem immer noch intensiver werdenden seiner Art gelingt. Diesmal heißt es „Du hast mich getragen” und entfaltet in seiner Zurückgenommenheit unendlich mehr Kraft als es eine Power-Pop-Ballade jemals könnte.

Aber mehr als bei den letzten Kapiteln, um im Bild zu bleiben, mehr als auf den Alben der letzten zehn Jahre, ist Reinhard Mey auf Nach Haus auch wieder Chronist unseres Landes. In „Zwischen Kontrollpunkt Drewitz und der Brücke von Dreilinden” erzählt Mey 33 Jahre deutsche Geschichte seit dem Mauerfall im Detail, zeigt die Brüche und die Risse, die geblieben sind, die neu entstanden, aber beweist auch, dass er ihre Ursachen versteht, wirklich menschlich versteht – und deutet, ohne mit dem moralischen Zeigefinger zu fuchteln, in Richtung Zuversicht.

Der kritische Beobachter der Mächtigen, den man auf den Alben der letzten zehn Jahre eher zwischen den Zeilen suchen musste (und finden konnte!), ist auf Nach Haus nun aber feinsinnig und wortkräftig, unüberhörbar und ganz und gar nicht subtil zurück.

Ein Reinhard Mey Album ist eben immer die Sammlung seines Denkens und Fühlens, des Erlebten und Erfahrenen der Jahre seit dem Album davor. Die letzten Jahre haben an Erschütterungen und Irritationen, an gründlichen Entgleisungen und irrlichterndem Unsinn einfach zu viel geboten, als das nicht einiges davon einfach zu Liedern werden musste. Klug, kritisch, unmissverständlich, aber immer menschlich! „Lagebericht” sollte vielleicht die Flure des Bundestags beschallen, bis sich die Vertreter aller Fraktionen vielleicht an einige elementare Dinge zum Gelingen einer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft zum Wohle aller Menschen wieder erinnern. In Redaktionsräumen klänge das Stück wohl auch vorzüglich!

Dem überdröhnten Kriegsgeschrei der jüngsten Zeit, in dem allzu oft ein hysterischer Unterton mitschwingt, der manchmal beinahe so klingt, als sei allein der artikulierte (ja, vielleicht manchmal naive) Wunsch nach Versöhnung das eigentliche Böse, setzt Mey mit „Verschollen” die Gedanken eines schon jenseitigen gefallenen, von Granatsplittern zerfetzten Soldaten entgegen.

Hannes Wader ist auf Nach Haus zu Besuch, ein Lied von Konstantin Wecker und ein englischer Song von Ross Brown und Mike Silver werden wundervoll bearbeitet und es gibt endlich eine „Zusammenarbeit” mit Georg Friedrich Händel.

Außerdem greift Mey ein altes musikalisches Thema, Teile seines bald 30 Jahre alten Liedes „Lilienthals Traum” als Selbstzitat noch einmal auf und wandelt es in das neue, sich selbst betrachtende „Du kannst fliegen”, wie damals mit großem Orchester aufgenommen. Ja, man kann es nicht anders sagen, mit Nach Haus ist Reinhard Mey ein ganz besonderes Kapitel in seiner musikalischen Biographie gelungen.

Der Gedanke, ob dies nun sein letztes Album sein könnte, steht ähnliche lose, unbeholfen in der Gegend, wie der oben erwähnte Stuhl namens Alterswerk neben der Tafel, denn es gibt auf Nach Haus auch einen Hinweis auf Meys eigenen 100. Geburtstag. Bis dahin wird er selbst bei einem Intervall von vier Jahren seinem Werk noch einiges hinzufügen.

Nach Haus ist nicht der Epilog, sondern ein weiteres, überaus spannendes, lebensvolles Kapitel eines großartigen Buches: seines Lebens.

Autor: Christian Günther

David Gilmour

Luck And Strange

Fünf Monate arbeitete David Gilmour in Brighton und London an »Luck And Strange«, dem ersten neuen Longplayer, den er seit neun Jahren veröffentlicht. Die LP wurde von David und Charlie Andrew produziert, den man für seine Zusammenarbeit mit ALT-J und Marika Hackman kennt. Der Großteil der Lyrics stammt von Gilmours Co-Autorin Polly Samson, mit der er schon seit 30 Jahren zusammenarbeitet.

Auf dem Album sind acht neue Tracks zu hören, dazu kommt eine Coverversion von Between Two Points (Originalinterpreten: The Montgolfier Brothers), auf der Romany Gilmour Harfe spielt und singt. Auf anderen Songs der LP war Gilmours Tochter für die Backing-Vocals zuständig.

Zu den Musikern, die an der Entstehung von »Luck And Strange« beteiligt waren, gehören: Guy Pratt & Tom Herbert am Bass, Adam Betts, Steve Gadd und Steve DiStanislao am Schlagzeug sowie Rob Gentry & Roger Eno an den Keyboards. Für die Streicher- und Chor-Arrangements war Will Gardner verantwortlich. Auf dem Titeltrack, der 2007 während eines Jams in David Gilmours Scheune entstand, ist der verstorbene Pink Floyd Keyboarder Richard Wright zu hören.

Mark Knopfler’s Guitar Heroes

Going Home (Theme From Local Hero) (Half Speed Mastering)

Diese 2024 veröffentlichte, ganz besondere Aufnahme von Mark Knopflers hymnischem »Going Home (Theme From Local Hero)« ist ein Meilenstein in der Geschichte der Rockmusik und wurde aufgenommen, um Spenden für Teenage Cancer Trust und Teen Cancer America zu sammeln.

Aufgeführt von Mark Knopfler’s Guitar Heroes und produziert von Knopflers langjährigem Mitarbeiter Guy Fletcher, bietet das Stück eine noch nie dagewesene Besetzung von einigen der größten Gitarristen und Musiker der Geschichte.

Vollständige Liste der Mitwirkenden:
Joan Armatrading, Jeff Beck, Richard Bennett, Joe Bonamassa, Joe Brown, James Burton, Jonathan Cain, Paul Carrack, Eric Clapton, Ry Cooder, Jim Cox, Steve Cropper, Sheryl Crow, Danny Cummings, Roger Daltrey, Duane Eddy, Sam Fender, Guy Fletcher, Peter Frampton, Audley Freed, Vince Gill, David Gilmour, Buddy Guy, Keiji Haino, Tony Iommi, Joan Jett, John Jorgenson, Mark Knopfler, Sonny Landreth, Albert Lee, Greg Leisz, Alex Lifeson, Steve Lukather, Phil Manzanera, Dave Mason, Hank Marvin, Brian May, Robbie McIntosh, John McLaughlin, Tom Morello, Rick Nielsen, Orianthi, Brad Paisley, Nile Rodgers, Mike Rutherford, Joe Satriani, John Sebastian, Connor Selby, Slash, Bruce Springsteen, Ringo Starr and Zak Starkey, Sting, Andy Taylor, Susan Tedeschi and Derek Trucks, Ian Thomas, Pete Townshend, Keith Urban, Steve Vai, Waddy Wachtel, Joe Louis Walker, Joe Walsh, Ronnie Wood, Glenn Worf und Zucchero.

Mark Knopfler zu dem Projekt: »Ich hatte wirklich keine Ahnung, dass es so sein würde. Guy und ich wussten schon sehr früh, dass wir das Stück irgendwie erweitern mussten, um die vielen Leute, die mitmachten, aufzunehmen. Bevor ich wusste, wo ich war, kam Pete Townshend in mein Studio, bewaffnet mit einer Gitarre und einem Verstärker. Und dieser erste Power-Akkord von Pete… Mann, ich sag’s euch – wir waren in diesem Gebiet, und es war einfach fantastisch. Und von da an ging es weiter. Eric [Clapton] kam dazu, spielte großartig, ein tolles Lick nach dem anderen. Dann kam der Beitrag von Jeff Beck, und das war fesselnd. Ich denke, was wir hatten, ist wirklich eine wahre Fundgrube an Reichtümern. Die ganze Sache war ein Höhepunkt.«

Diese limitierte 12″ wurde in halber Geschwindigkeit gemastert und hat eine gelaserte B-Seite.